26. Januar 2023

Das Strom-Paradoxon

Weht im Norden besonders viel Wind, fehlt besonders viel Strom im Süden und muss aus dem Ausland zugekauft werden, so die WirtschaftsWoche im Januar 2023. Doch wie entsteht ein Stromengpass im Süden, wenn es im Norden heftig windet?

„Der Grund dafür liegt im Netzausbau, der seit Jahren stockt.“ Überschüssiger Strom im Norden kann nicht in den Süden transportiert werden, führt aber gleichzeitig im Markt zu fallenden Strompreisen durch die Überproduktion. „Für die meisten Kraftwerksbetreiber – auch im Süden – lohnt sich damit die Stromproduktion nicht mehr, da sie mit dem Stromverkauf Verluste machen würden. Deshalb schalten sie die Kraftwerke ab.“

Quelle: https://www.wiwo.de/unternehmen/energie/viel-wind-zu-wenig-strom-das-strom-paradoxon/28928418.html

Im letzten Jahr hat der Bundestag die Weichen für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren und der Elektromobilität beschlossen. Neue Lasten aus der Elektromobilität und Wärmewende (Wärmepumpen) weisen jedoch typisch hohe Gleichzeitigkeiten auf und daher erfordert ihre Netzintegration ein Lastmanagement als steuerbare Verbraucher gemäß §14a EnWG. Die energiewendetaugliche Ausgestaltung des §14a EnWG ist Aufgabe der BNetzA, die hierfür den Einsatz von intelligenten Messsystemen vorsieht. Der entsprechende regulatorische Rahmen ist im EnWG und MsbG bereits angelegt und wurde 2022/23 nochmals mit dem Ziel einer beschleunigten Umsetzung angepasst.

Auch im Projekt SMGW-forwards wird rege über die neue Rechtsgrundlage und deren technischer Umsetzung diskutiert.

Das Konsortium der Projektpartner hat hierzu einen Konsultationsbeitrag verfasst und herausgearbeitet, an welchen Schnittstellen der modernisierte §14a das Projekt beeinflussen wird und an welchen Stellen die Partner noch Änderungen vorschlagen.

Abbildung 1 Mitglieder des Konsortiums des Förderprojektes SMGW-forwards

Das von der BNetzA vorgelegte Eckpunktepapier wird vom Konsortium positiv bewertet und eröffnet gemeinsam mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) eine vielversprechende Perspektive für steuerbare Verbraucher. Hervorzuheben ist die grundsätzlich verpflichtende Anwendung des §14a EnWG und der neue Ansatz der Sollwertvorgaben für den Netzanschluss, der statt der Steuerung von Einzelanlagen einen ganzheitlichen Ansatz für die Verbraucher-/Erzeugersituation beim Endkunden vorsieht.

Zur Orchestrierung der Flexibilitäten bei der Erzeugung, im Verbrauch und bei der Speicherung werden in der Liegenschaft zukünftig Energiemanagementsysteme eingesetzt. Diese verantworten automatisiert die Einhaltung von externen Sollwertvorgaben gemäß §14a für die Liegenschaft als Ganzes. Zudem erachten die Projektpartner die Verzahnung mit dem neuen Referentenentwurf des MsbG als gut und durchdacht. Kritisch sieht das Konsortium, dass die Steuerungshandlung nur unter der Voraussetzung einer „objektiven“ Notwendigkeit eintreten kann. Diese „objektive“ Notwendigkeit sollte bestimmte Freiheitsgrade berücksichtigen, um nicht aufgrund fehlender vollumfänglicher Kausalität und Nachweisbarkeit notwendige Maßnahmen zu unterbinden.

Der Gesetzesentwurf sieht bisher das Auslösen einer Steuerung nur bei einer kurzfristig innerhalb von drei Minuten drohenden und messtechnisch festgestellten kritischen Auslastungssituation vor. Präventive Eingriffe basierend auf messwertgestützten „prognostizierten“ Engpässe sind nicht zulässig. Dies ist systemisch nicht sinnvoll und könnte zu einer Kette von „An/Aus Maßnahmen“ führen.  Daher ist der vorgesehene rein kurative Ansatz um präventive Steuerungsmechanismen auch beim dynamischen Steuern zu ergänzen. Eine reine kurative Steuerung ermöglicht keine effiziente vorausschauende Netzführung durch den Netzbetreiber und verbaut damit auch den sukzessiven operativen Übergang zur marktlichen prognosebasierten Flexibilitätsbereitstellung.

Der Netzausbau und die Steuerungsmaßnahmen sollten sich auch langfristig sinnvoll ergänzen und nicht pauschal der Netzausbau gefordert werden. Das Ziel soll idealerweise eine volkswirtschaftlich optimierte effiziente Auslastung der Netze durch die Kombination aus Netzausbau und Netzsteuerung nach §14a und §14c sein. Die Aufnahme des SteuNA passt dabei sehr gut in das Zielbild, mit dem im Projekt gearbeitet wird und wie sich die Partner die zielführende Steuerung über das iMSys vorstellen. Die Abkehr von einem zusätzlichen Zählpunkt zur Nachweisführung ist ebenfalls im Zielbild von SMGW-forwards vorgesehen und kann mithilfe der iMSys-Infrastruktur auch umgesetzt werden.

Allerdings sollte eine Abstufung des zugesicherten Leistungsbezug in Anlehnung an die Verbrauchergruppen im MsbG erfolgen. Gewerblichen Verbrauchern, die einen deutlich höheren Leistungsbezug haben oder wandlergemessen sind, sollte auch ein höherer minimaler Leistungsbezug zugestanden werden, so das Konsortium. Eine analoge Regelung ist auch für Mehrfamilienhäuser vorzusehen.

Aus Sicht des Konsortiums besteht in einigen Punkten aktuell noch Verbesserungspotential, welches im Rahmen des Festlegungsverfahrens von der BNetzA noch einmal geschärft werden muss.

Laut Ingo Schönberg, Vorstandsvorsitzender PPC, verdeutlicht der Artikel der WirtschaftsWoche, wie die energiewendetaugliche Ausgestaltung des Lastmanagements über den §14a und §14c, variable Tarife und der beschleunigte Rollout für die Systemsicherheit in der Energiewende dringend gebraucht werden.

Zusammenfassend sehen die Partner des Förderprojektes SMGW-forwards die modernisierte Ausgestaltung des §14a EnWG in Verbindung mit der Novelle des GNDEW als positiv und schauen voller Tatendrang in die Zukunft.